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Für eine Kooperation stehen Ärzten und
Zahnärzten bekanntlich unter anderem die Praxisgemeinschaft und die
Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) zur Verfügung. Die
Praxisgemeinschaft zeichnet sich durch die Beschränkung auf eine gemeinsame Nutzung
von Praxisräumen und -einrichtung sowie Beschäftigung von Personal aus, § 33
Abs. 1 Ärzte-ZV, § 33 Abs. 1 Zahnärzte-ZV. Gegenüber dem Patienten und der
K(Z)V treten die Einzelpraxen aber eigenständig auf. Kennzeichnend für die
Berufsausübungsgemeinschaft ist – der Name verrät es bereits – die gemeinsame
Behandlung der Patienten.
Beide Formen bieten Vor- und Nachteile.
Welche Seite überwiegt, entscheidet sich anhand der individuellen Situation der
Ärzte. Ein Nachteil der Berufsausübungsgemeinschaft ist, dass z.B.
Grundpauschalen nur einmal abrechenbar sind, auch wenn der Patient in einem
Quartal sowohl von Arzt A als auch von Arzt B behandelt wurde. Auf der
Vorteilsseite steht durch die gemeinsame Behandlung die Möglichkeit, durch die
interne Praxisorganisation Zeitfenster für private aber auch berufliche
Aufgaben zu schaffen, ohne dass die Patientenversorgung beeinträchtigt würde.
Wer die Vorteile der beiden
Kooperationsformen insbesondere unter Honorargesichtspunkten kombinieren will
und nach außen als Praxisgemeinschaft auftritt, sich intern jedoch wie eine
Berufsausübungsgemeinschaft verhält, nutzt die Praxisgemeinschaft nach
ständiger Rechtsprechung rechtsmissbräuchlich. Die missbräuchliche Nutzung
berechtigt die K(Z)V regelmäßig zu Honorarregressen.
Das BSG hat in seinem Beschluss vom
02.07.2014 seine bisherige Rechtsprechung noch einmal bekräftigt und dabei auf
die Bedeutung der Praxisorganisation in solchen Fällen hingewiesen.
Der Fall:
Zwei Urologen hatten sich als
Praxisgemeinschaft zusammengeschlossen. Bei der üblichen Plausibilitätsprüfung
wurde in den vier Quartalen 2002 nach Abzug berechtigter Vertretungsfälle ein
gemeinsamer Patientenanteil – solche Patienten, die in einem Quartal von beiden
Ärzten behandelt wurden – zwischen 22,4% und 25,1% festgestellt. Die KV
forderte daraufhin von dem klagenden Arzt insgesamt 13.295,- EUR zurück.
Zur Erklärung des hohen Anteils an
Patientenüberschneidungen gab der Arzt an, dass beide Praxen dasselbe
Pflegeheim betreuen würde. Außerdem würden beide an unterschiedlichen Tagen
ambulante Operationen durchführen, so dass in dieser Zeit die Patienten dann
von der jeweils anderen Praxis versorgt würden.
Die Entscheidung:
Die Entscheidung des BSG war so knapp
wie deutlich. Bei einer Patientenidentität über 20% indiziere die
missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform Praxisgemeinschaft. Eine hohe
Patientenidentität spräche stets dafür, dass die für eine Gemeinschaftspraxis
kennzeichnende Ausübung der ärztlichen Tätigkeit stattfände.
Die von dem Arzt vorgetragenen Erklärung
der hohen Patientenidentität, diese resultiere aus der abwechselnden Betreuung
der Heimbewohner und der Durchführung von ambulanten Operationen, ließ das BSG
nicht als Rechtfertigung gelten, sondern sah die zunächst nur indizierte missbräuchliche
Nutzung bestätigt. Die Abstimmung zwischen den beiden Ärzten – und damit die
Praxisorganisation – ermögliche ihnen erst die jeweiligen Hausbesuchs- und
Operationstag. Eine solche Abstimmung in der Praxisorganisation sei gerade
kennzeichnend für eine Gemeinschaftspraxis. Der Regress sei daher
gerechtfertigt.
Fazit:
Wer sich zur Gründung einer
Praxisgemeinschaft entschließt, sollte peinlich genau darauf achten, dass der
Anteil der gemeinsam betreuten Patienten die 20%-Grenze nicht überschreitet.
Anderenfalls ist die Abrechnung gemäß der Prüfungsrichtlinien implausibel und
berechtigt die KV zur Honorarrückforderung.
Eine Rechtfertigung unter Verweis auf
die eigene Praxisorganisation scheidet in fast jedem Fall aus. Prinzipiell sind
nur außergewöhnliche Umstände zu berücksichtigten, die außerhalb der
(Organisations-)Macht des Arztes stehen. Bei einer gleichbleibend hohen
Patientenidentität sind aber auch solche Fälle kaum vorstellbar.
Am Ende wird es auch unter Honorargesichtspunkten günstiger sein, die Form der Berufsausübungsgemeinschaft zu wählen und rechtlichen Bedenken mit der individuellen Gestaltung des Gesellschaftsvertrages zu begegnen.
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Bernd Gasteiger LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Gasteiger Reitzer Liffers & Kollegen
Beitrag verfasst am 28.01.2015
Zuletzt aktualisiert am 24.03.2016, 10:08 Uhr